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veröffentlicht am 20.04.2022

Zuhause im Kloster Medingen – Aus dem Leben einer Konventualin

Autor:Angela Geschonke

Heidelinde Borcherding ist Konventualin im Kloster Medingen. Vor 18 Jahren zog die heute 79-Jährige dort ein. Wie kam es dazu? Was faszinierte sie an dem Gedanken, nach dem Eintritt in den Ruhestand in ein evangelisches Kloster zu gehen? Die Lebhaftigkeit eines gesellschaftlichen Lebens einzutauschen gegen die Stille eines Konvents?

Heidelinde Borcherding wurde in Alfeld an der Leine wurde geboren. Dort ging sie zur Schule, machte ihre Ausbildung, heiratete und bekam zwei Kinder. Die Ehe wurde später geschieden. Sie arbeitete mit Leib und Seele in der Altenpflege und war in ihrem Heimatort immer sehr aktiv, spielte mehrmals die Woche Prellball im Verein und tanzte in einer Squaredance-Gruppe. „Was nun?“, war ihre Überlegung, als das Ende des Berufslebens bevorstand. 

Ihre Schwägerin lebte in dem Ort Mariensee, und das Kloster dort hatte Heidelinde Borcherding schon immer fasziniert. Und so ging sie auf die Suche nach einem ähnlichen, für sie passenden Ort. Von Seminaren im Gustav-Stresemann-Institut kannte sie das Kloster Medingen und hörte von den anderen Lüneburger Klöstern und deren Lebensformen. 

Das konnte sie sich gut vorstellen: 

  • Mitglied einer christlichen Gemeinschaft sein, 
  • Aufgaben übernehmen und 
  • sich engagieren für den Erhalt eines besonderen Ortes. 

Sie schaute sich alle sechs Lüneburger Klöster an und führte Gespräche mit den Äbtissinnen, die den Klösterkonventen vorstehen. Familie und Freunde waren aber dann doch überrascht, als sie verkündete: „Ich gehe als Konventualin in ein Lüneburger Kloster.“

Der Umzug ins Kloster

Das Kloster Medingen hatte sie am meisten in den Bann gezogen. Dort wollte sie gern leben, auch wenn, wie sie schmunzelt anmerkt, dort das „Röcke tragen“ angesagt war – eine Sitte, die Heidelinde Borcherding manches Mal erfolgreich umging. Von der Entscheidung bis zum tatsächlichen Einzug dauerte es noch einige Monate, da der Konvent in Medingen zu der Zeit belegt war. Sechs Monate Probewohnen, wie es heute üblich ist, gab es damals dort noch nicht. Und so wurde Heidelinde Borcherding im September 2004 feierlich in den Konvent des Kloster Medingen aufgenommen, in einer besonderen Klostertracht, zu der Haube mit Spitzenbesatz, Schürze und Fichu, ein Schultertuch, gehören, die von nun an zu feierlichen Anlässen getragen werden sollte. 

„Es war dann doch zuerst etwas befremdlich. Ich hatte das Gefühl, ausgeschlossen zu sein von allem Weltlichen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Außerdem macht man natürlich am Anfang auch Fehler. Das war nicht einfach, kam ich doch in eine Gemeinschaft von Frauen, die sich gut kannten und zusammengefunden hatten. Aber ich war ja einiges gewöhnt aus dem Berufsleben und voll motiviert.“

Und so dauerte das Einleben nicht lange. Gerade angekommen, bekam sie gleich von der damaligen Äbtissin Monika von Kleist die Aufgaben einer Kaplanin übertragen. Ab sofort war sie zuständig für alles, was zur Gebäudeunterhaltung im Kloster gehörte. Sie musste Handwerker beaufsichtigen, sofort zur Stelle sein, wenn Feueralarm ausgelöst wurde oder nach einem Unwetter dafür sorgen, dass Schäden behoben wurde. 


„Das hat viel Spaß gemacht“, sagt die Konventualin, „und ich habe die Handwerker immer gern mit Kaffee und Kuchen verwöhnt, wenn sie im Haus waren.“ Außerdem hatte sie regelmäßigen Kontakt zur Klosterkammer. Mit deren Unterstützung konnte sie die Restaurierung der alten Küche durchführen lassen, auf die sie besonders stolz ist. „Es war eine verantwortungsvolle Aufgabe. Heute könnte ich das körperlich leider nicht mehr“, resümiert sie, „aber derzeit wird diese Funktion auch nicht mehr von einer Konventualin ausgeführt.“

Wechselnde Aufgaben im Kloster

Nun hilft sie in der Kirche beim Blumenschmuck und macht sehr gerne Führungen für Gäste und Besucher des Klosters. Diese gehören auch zu den Hauptaufgaben einer Konventualin. Die machen ihr immer noch viel Spaß. Der Kontakt mit den Menschen ist ihr ganz wichtig, denn sie erzählt gern von ihrem Leben im Kloster Medingen. 


Freitags trifft sich der Konvent zur Wochenendandacht. Der Rahmen ist vorgegeben, nur Lieder, Gebete und Text bereitet immer eine andere Konventualin vor. „Das Leben im Kloster hat einen besonderen Rhythmus. Wir sind sehr häufig nicht nur während der Woche, sondern auch am Wochenende eingespannt.“ 

Aber auch Familie ist wichtig. Dreimal im Jahr fährt sie nach Alfeld, trifft sich mit der Familie und ihren alten Freundinnen. „Dann geht das Geschnatter wie in alten Zeiten sofort wieder los“, schmunzelt sie. In den Konventen der Lüneburger Klöster ist es selbstverständlich, dass Familien oder Freunde zu Besuch kommen und auch übernachten dürfen. Und so machen sich auch ihre Lieben oft auf den Weg zu ihr nach Medingen. Ihr Enkel kam in seiner Schulzeit besonders gern in den Ferien. Er wurde oft von den Damen im Kloster eingeladen und erzählt zuhause stolz von seiner „besonderen Oma“. 

„Man braucht seine Zeit, um sich hier einen Platz zu erobern“, so Heidelinde Borcherding, aber inzwischen ist ihr die Gemeinschaft im Konvent wichtig geworden. „Und wenn ich allein sein möchte, kann ich mich ja jederzeit zurückziehen.“

Lieblingsplätze und Wünsche für die Zukunft

Die meisten Konventualinnen haben einen eigenen Garten. Heidelinde Borcherding pflegt ihren mit Hingabe. Er ist besonders groß und schön und mit einem Hochbeet angelegt, das ihre Tochter gebaut hat. Die reichhaltige Ernte verteilt sie gern im Konvent. Heidelinde Borcherding ist längst angekommen im Kloster Medingen, in ihrer gemütlichen Wohnung mit Blick gen Süden, in ihrem Garten, in dem die Blumen sprießen, mit dem Baum in der Mitte und dem kleinen blauen Gartenhaus mit Terrasse, ihrem Lieblingsplatz. Sie hat die Entscheidung nie bereut, wie sie selbst sagt.

  

„Und wenn es vielleicht irgendwann nicht mehr gehen sollte mit dem Alleinleben hier im Kloster Medingen,“ so die Konventualin bestimmt, „dann gehe ich ins Kloster Marienwerder bei Hannover. Das ist das Pflegeheim für Konventualinnen aus den Klöstern. Ich könnte zwar auch in das Altersheim hier nebenan gehen, aber das möchte ich nicht. Genauso wünsche ich mir, hier auf dem klostereigenen Friedhof beerdigt zu werden.“

Ein schöner Gedanke, nahe dem Ort zu sein, an dem man lange gelebt hat. Diese Situation sollte aber noch in weiter Ferne sein für die sympathische und freundliche Konventualin des Klosters Medingen.

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